Familiengenossenschaften vor dem Aus?
18.08.2025
Selbst ernannten „Steuercoaches“ empfehlen die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft um die privaten Lebenshaltungskosten ihrer Mitglieder steuerlich geltend machen zu können. Dem wurde in den jüngsten Verlautbarungen der Finanzverwaltung und einem Urteil des FG Berlin-Brandenburg widersprochen.
Kosten der privaten Lebensführung sind eigentlich gem. § 12 Nr. 1 EStG steuerlich nicht abzugsfähig. Die Befürworter dieser Gestaltungen argumentieren, dass derartige Aufwendungen durch einen Identitätswechsel des Zahlenden in eine Genossenschaft als abziehbare Betriebsausgaben zu qualifizieren seien, weil dadurch – wie in § 1 Abs. 1 GenG gefordert – „der Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange“ gefördert würden.
Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt und das Bayerische Landesamt für Steuer stellen unmissverständlich fest, dass Aufwendungen für die private Lebensführung der Mitglieder grundsätzlich verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) darstellen, so urteilte nun auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg.
Dabei wird ausgeführt, dass die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung regelmäßig auch bei einer Genossenschaft gerechtfertigt sei, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den beanstandeten Vermögensvorteil dem Mitglied der Genossenschaft nicht zugewendet hätte. Mit dem Aufgabenbild eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters sind derartige Zuwendungen für Lebensmittel, Reisen, Bewirtung etc. nicht vereinbar.
Die Genossenschaft muss die Leistungen an die Genossen aus versteuertem Einkommen erbringen, d.h. eine Zuwendung von z.B. € 1.000 führt bei einer durchschnittlichen Steuerbelastung einer Genossenschaft von 30 % zu einer Belastung von rd. € 407. Hinzu kommt noch die Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlages bei der verdeckten Gewinnausschüttung. Da die zugewendeten € 1.000 die Nettodividende sind, unterliegt die vGA einer Steuerbelastung von rd. 35,8 % = € 358. Insgesamt fallen auf die € 1.000 also Steuern von € 765 an.
Auch umsatzsteuerlich ist diese Gestaltung problematisch.
Im Ergebnis unterscheiden sich Familiengenossenschaften nicht von vergleichbaren Gestaltungen über eine GmbH. Im Ergebnis gilt: Der Mythos „Genossenschaft als Steuersparmodell“ verblasst regelmäßig bei genauerer Betrachtung von Gesetz und Rechtsprechung.
Quelle: IWW Gestaltende Steuerberatung